Maßnahmen zur Behebung des Spannungsbandproblems (Lösungen)


Im Folgenden werden die theoretischen Grundlagen zu den Spannungsverhältnissen und den sich einstellenden Spannungsfällen im Verteilungsnetz vorgestellt und aus deren mathematischer Beschreibung die möglichen Einflussgrößen abgeleitet.

Eine gängige Methode, Netzgrößen darzustellen, ist die Verwendung von komplexen Zeigern, weil die Transformation der Größen aus dem Zeit- in den Frequenzbereich eine einfachere Berechnung des Netzzustandes ermöglicht. Auf diesem Weg soll im Weiteren der Spannungsfall erläutert werden.


Impedanzreduktion

Die Möglichkeit zur Beeinflussung der Spannung durch Impedanzreduktion wird weitläufig unter dem Begriff Netzausbau geführt. Dabei wird die wirksame Netzimpedanz und damit einhergehend der Spannungsfall reduziert. Dies wird erreicht, indem entweder vorhandene Betriebsmittel durch leistungsfähigere und damit niederimpedantere ausgetauscht oder neue zum bestehenden Netz hinzugefügt werden.

In der Praxis kommen folgende Lösungsansätze zum Einsatz:

  • Leitungsaustausch/Parallelverkabelung
  • Vermaschung/Trennstellenverlagerung
  • Austausch von Ortsnetztransformatoren für größere Bemessungsleistung oder kleineres $u_k$.
  • Einrichtung zusätzlicher Ortsnetzstationen bzw. Umspannwerke.
Wirkung der Impedanzreduktion
Abbildung 1: Wirkung der Impedanzreduktion

In Abbildung 1 wird anhand der blauen Pfeile die Wirkung der Impedanzreduktion auf den Spannungsfall angedeutet. Mit Verringerung der Impedanz sinkt auch der Betrag des komplexen Spannungsfalls und letztendlich auch der wirksame Spannungsfall am jeweiligen Netzbetriebsmittel.


Leitungsaustausch/Parallelverkabelung

Eine Möglichkeit die Impedanz einer Übertragungsstrecke zu reduzieren ist es, vorhandene Freileitungen oder Kabel durch neue Leitungen mit größerem Querschnitt zu ersetzen. Hierdurch wird vor allem der ohmsche Widerstand verkleinert.

$R=\frac{\rho \cdot l}{A}$
  • $R$: ohmscher Widerstand
  • $\rho$: spezifischer Widerstand
  • $A$: Querschnittsfläche
  • $l$: Leitungslänge

Würde man beispielsweise eine Freileitung mit $50mm^2$ Querschnitt durch eine mit $95mm^2$ ersetzen, erhält man fast eine Halbierung des Gleichstromwiderstandes von $0,59 \quad \Omega/km$ auf rd. $0,30 \quad \Omega/km$. Entsprechend verringert sich auch der ohmsche Spannungsfall, welcher für die Spannungsbandausnutzung maßgeblich ist. Zudem sinkt auch die Betriebsreaktanz um rund $20 \quad m \cdot \Omega/km$ sowohl bei Niederspannungsleitungen als auch bei Mittelspannungsleitungen. Freileitungen weisen bei kleinerer Querschnittsfläche eine höhere thermische Tragfähigkeit auf als Kabel. Dies liegt daran, dass die Wärmeabfuhr bei Freileitungen durch die Umgebungsluft und den Wind besser ist als bei Kabeln. Im Umkehrschluss weisen Freileitungen mit gleicher thermischer Tragfähigkeit als ein Kabel einen höheren Spannungsfall auf. Hierfür gibt es zwei Gründe:

  1. der kleinere Querschnitt der Freileitung erzwingt einen höheren ohmschen Widerstand und
  2. die vom Strom eingeschlossene Fläche ist bei Freileitungen deutlich größer, was einen höheren reaktiven Widerstand hervorruft [1].

In Abbildung 2 ist der komplexe Spannungsfall entlang einer NS-Leitung im Einspeisefall dargestellt. Die Spannungszeiger sind dabei mit gleichem Maßstab und unter Berücksichtigung der jeweiligen Leitungsbeläge eingezeichnet. Zu erwähnen ist, dass die Freileitung (FL) (mit $70mm^2$) ungefähr die gleiche thermische Tragfähigkeit wie das Kabel (Ka) mit $150mm^2$ Querschnittsfläche aufweist, allerdings einen deutlich höheren Spannungsfall hervorruft. Weiter ist gut zu erkennen, dass der Effekt der Impedanzreduzierung maßgeblich von der Verringerung des ohmschen Widerstandes und dessen Spannungsfall ($\underline{U}_{RL}$) abhängt.

Auswirkung der Impedanzreduzierung
Abbildung 2: Auswirkung der Impedanzreduzierung

Tabelle 1 zeigt die elektrischen Parameter von typischen Freileitungen und Kabeln der NS- und MS-Ebene. Als NS-Kabel wird heute meist ein NAYY $4x150 mm^2$ und bei NS-Freileitungen ein Querschnitt von $50mm^2$ verwendet.

Tabelle 1: Elektrische Daten von Kabeln und Freileitungen
 %\begin{tabular}{|l|p{2,5 cm}p{2 cm}p{2 cm}p{2,5 cm}p{2 cm}p{2 cm}p{4 cm}|} \begin{tabular}{|l|ccccccc|} %\hline & $I_{max}$\newline (Kabel bei\newline Erdverlegung) & $P_{max}\newline $\cos \phi = 0,9$$ & $P_{max}$\newline $\cos \phi = 1,0$ & Gleichstrom-\newline widerstand\newline bei 20°C & Reaktanz-\newline belag & Suzeptanz-\newline belag & Wechselstromwiderstand bei 70°C(NAYY..),\newline 80°C(Freileitungen)\newline und 90°C(NA2X..) \\ \rowcolor[gray]{.9} \hline & $I_{max}$& $P_{max}$ & $P_{max}$ & Gleichstrom-& Reaktanz-& Suzeptanz-& Wechselstromwiderstand \\ \rowcolor[gray]{.9} & (Kabel bei & $\cos \varphi = 0,9$ & $\cos \varphi = 1,0$ &widerstand&belag & belag & bei 70°C(NAYY..), \\ \rowcolor[gray]{.9} & Erdverlegung) & & &bei 20°C & & & 80°C(Freileitungen) \\ \rowcolor[gray]{.9} & & & &bei 20°C & & & und 90°C(NA2X..) \\ \rowcolor[gray]{.9} & in $A$ & in $kW$ & in $kW$ & in $\frac{\Omega}{km}$ & in $\frac{\Omega}{km} & in $\frac{\mu S}{km} & in $\frac{\Omega}{km} \\ \hline NS-Kabel & & & & & & & \\ NAYY 4x120 $mm^2$ & 245 & 153 & 170 & 0,208 & 0,08 & 263,9 & 0,27 \\ NAYY 4x240 $mm^2$ & 364 & 227 & 252 & 0,125 & 0,08 & 273,3 & 0,17 \\ \hline NS-Freileitung Aluminium & & & & & & & \\ 24-AL1/4-ST1A & 140 & 87 & 97 & 1,200 & 0,304 & 3,6 & 1,46 \\ 48-AL1/8-ST1A & 210 & 131 & 145 & 0,594 & 0,283 & 3,9 & 0,76 \\ 70-AL1/11-ST1A & 290 & 181 & 201 & 0,413 & 0,270 & 4,1 & 0,56 \\ \hline MS-Kabel & & & & & & & \\ NA2XS2Y 1x125 & 409 & 12.751 & 14.168 & 0,206 & 0,114 & 113,0 & 0,28 \\ NA2XS2Y 1x185 & 461 & 14.373 & 15.970 & 0,164 & 0,110 & 122,0 & 0,23 \\ NA2XS2Y 1x240 & 532 & 16.586 & 18.429 & 0,125 & 0,105 & 138,0 & 0,19 \\ \hline MS-Freileitung & & & & & & & \\ 48-AL1/8-ST1A & 210 & 6.547 & 7.275 & 0,594 & 0,386 & 2,9 & 0,81 \\ 70-AL1/11-ST1A & 290 & 9.041 & 10.046 & 0,413 & 0,375 & 2,9 & 0,62 \\ 94-AL1/15-AT1A & 350 & 10.912 & 12.124 & 0,306 & 0,368 & 3,0 & 0,52 \\ % & & & & & & & \\ % & & & & & & & \\ \hline \end{tabular}

Ähnlich der Querschnittsvergrößerung führt auch die Verlegung eines zweiten Kabels parallel zu einer existierenden Strecke zu einer Impedanzreduktion. Dem Stromfluss steht insgesamt ein größerer Querschnitt zur Verfügung. Im Unterschied zur Querschnittsvergrößerung durch Austausch der Leitung durch eine größere, wird mit der Parallelverkabelung nicht nur der ohmsche Widerstand nahezu umgekehrt proportional verkleinert, sondern auch die resultierende Reaktanz der Strecke, was aber für die Spannungsbandausnutzung kaum eine Rolle spielt. Bei der Parallelverkabelung kann man zwischen einer echten elektrischen Parallelschaltung und einer zur örtlichen Kabelverlegung parallel zur Bestandsleitung mit Aufteilung dieser und Anschluss des hinteren Streckenabschnitts auf die „Parallelleitung“ (siehe Abbildung 7).

In diesem Fall wird nicht der Querschnitt für den Stromfluss vergrößert, sondern der Stromfluss selbst verringert. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, soll diese Art von Parallelverkabelung als Zusatzstrang bzw. Erhöhung der Stromdichte bezeichnet werden. Abbildung 3 zeigt zusammenfassend die Beispiele von Netzverstärkungen durch Leitungsaustausch/parallele Kabel im Verteilungsnetz.

Netzverstärkung durch parallele Leitungen
Abbildung 3: Netzverstärkung durch parallele Leitungen

Vermaschung/Trennstellenverlagerung

Die Vermaschung von Netzteilen bewirkt eine Aufteilung des Stromflusses auf die vermaschten/parallelen Leitungen entsprechend ihrer Impedanzen. Damit sinkt der maximale Spannungsfall auf der kritischen Leitung. In Abgrenzung zur oben genannten Parallelverkabelung wird hier unter Vermaschung das elektrische Verbinden vorhandener Leitungen/Netzteile verstanden, also kein Leitungsneubau zur direkten Herabsetzung der Netzimpedanz. Dabei ist es unerheblich, ob dazu ein Stück Verbindungsleitung erforderlich ist oder ob nur eine Trennstelle geschlossen werden muss (Abbildung 4).

Vermaschung von Netzen
Abbildung 4: Vermaschung von Netzen

Eine Trennstellenverlagerung (Abbildung 5) führt zu einer geänderten Strombelastung der betreffenden Leitungen. In Abgrenzung zum Zusatzstrang, wo ebenfalls eine Trennstelle entsteht, wird hier kein Leitungsneubau betrieben, sondern lediglich eine vorhandene Trennstelle verlagert.

Verlegung der Trennstelle
Abbildung 5: Verlegung der Trennstelle

Transformatoren mit größerer Bemessungsleistung

Neben den Leitungen im Verteilungsnetz können auch die Netzverknüpfungspunkte bzw. die dort befindlichen Transformatoren einen Beitrag zur Spannungshaltung leisten. Durch „Überdimensionierung“ kann die Impedanz reduziert werden, unter Voraussetzung, dass im Stationsgebäude genügend Platz vorhanden ist.

Abbildung 6 zeigt den wirksamen Spannungsfall in Abhängigkeit der Transformatorauslastung. Zugrunde gelegt wurden Betriebsmittel mit typischer Bemessungsleistung, Kurzschlussspannung und Normverlustklassen. Das Diagramm zeigt die Berechnungsergebnisse für einen reinen Wirkleistungsbezug auf der Unterspannungsseite. Ein zusätzlicher induktiver Blindleistungsbezug würde den Spannungsfall vergrößern bzw. ein kapazitiver verringern. Die Äqui-Auslastungs-Punkte zeigen, dass sich bei gleichbleibender Last der wirksame Spannungsfall signifikant beeinflussen lässt. Beispielsweise könnte durch das Ersetzen eines zu 70 % ausgelasteten 100-kVA-Transformators ($\Delta u_{AE}=0,91$), durch einen Transformator mit 250 kVA der wirksame Spannungsfall auf 0,27 %, bei Einsatz eines 400-kVA-Transformators auf 0,14 % und durch einen 630-kVA-Transformator sogar um den Faktor 11 (von 0,91 % auf 0,08 %) reduziert werden (obere gestrichelte Linie). Analoges lässt sich auf andere Betriebspunkte übertragen, was durch die untere gestrichelte Linie angedeutet werden soll.

Wirksamer Spannungsfall an Transformatoren verschiedener Bemessungsleistung in Abhängigkeit der Auslastung
Abbildung 6: Wirksamer Spannungsfall an Transformatoren verschiedener Bemessungsleistung in Abhängigkeit der Auslastung

Zusätzliche Stationen

Die Installation zusätzlicher Stationen (Ortsnetzstationen oder Umspannwerke) erhöht die Stationsdichte und zielt primär auf eine Verkürzung von Leitungslängen, teilweise sekundär auf eine Reduzierung bzw. Aufteilung von Leistungsflüssen, ab. Hierbei ist noch zu unterscheiden, ob die Verschaltung des Ausgangsnetzes beibehalten wird und es dadurch zu z. B. doppelt gespeisten Netzen kommt (häufig NS-Stadtnetze) oder ob das Netz aufgetrennt wird (siehe Abbildung 7). Die Strategie zusätzlicher Stationen wird vor allem bei großen Einspeisern (bzw. Anhäufungen kleiner Einspeiser) angewandt, da hierdurch die Leistungsflüsse „schnell“ in eine höhere Spannungsebene abgeleitet werden können.

Netzverstärkung durch zusätzliche Ortsnetzstationen
Abbildung 7: Netzverstärkung durch zusätzliche Ortsnetzstationen

Die Verkürzung der Übertragungsstrecke hat einen direkten Einfluss auf die Impedanz der Leitung, weil sich der ohmsche und reaktive Widerstand $R_{max}$ linear mit der Leitungslänge l dazu ändern.

     \begin{equation*} R=R´ \cdot l~~~~~~~~~ X=X´ \cdot l \end{equation*}


Wirkleistungsmanipulation

Während die Maßnahmen zur Impedanzreduktion als Standard-Werkzeug eingesetzt werden, stecken die Möglichkeiten zur Wirkleistungsbeeinflussung, um durch Verringerung bzw. Verschiebung der Wirkkomponente (P bzw. I_W) den Spannungsfall am jeweiligen Netzbetriebsmittel abzusenken, noch in den Kinderschuhen bzw. sind heute noch tabu. Maßnahmen zur Beeinflussung der Wirkleistungsflüsse sind:

  • Einspeisemanagement
  • Lastmanagement
  • Lastflusssteuerung
  • Zwischenspeicherung

Der erzielbare Einfluss auf die Spannungshaltung reicht i. d. R. nicht aus, um konventionellen Netzausbau zu verhindern. Trotzdem kann Wirkleistungsmanipulation ein Hilfsmittel sein, um in bestimmten Fällen Netzausbaumaßnahmen hinauszuzögern, um sie auf weitere Netzentwicklungen zu optimieren.


Einspeisemanagement

Das Einspeisemanagement erlaubt es den Verteilnetzbetreibern unter gewissen Voraussetzungen die Wirkleistungseinspeisung von Erzeugungsanlagen schrittweise zu reduzieren. Gesetzlich ist das Einspeisemanagement durch das EEG und EnWG geregelt.

§ 13 des EnWG beschreibt die Systemverantwortung der Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB). In ihm ist festgehalten, dass der ÜNB dazu verpflichtet ist, Gefährdungen und Störungen durch netz- (z. B. Schalthandlungen) und marktbezogene Maßnahmen (z. B. Regelenergie) zu beseitigen. Grundsätzlich sind Anlagen zur Erzeugung elektrischer Energie mit einer Nennleistung größer 10 MW dazu verpflichtet, ihre Wirk- und Blindleistungseinspeisung, gegen angemessene Vergütung, nach Vorgaben des ÜNB anzupassen. Lässt sich die Gefährdung oder Störung durch die netz- und marktbezogenen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig beseitigen, so ist der ÜNB dazu verpflichtet/berechtigt “vergütungsfrei” (siehe EnWG § 13 (4)) alle Stromeinspeisungen, Stromtransite und Stromabnahmen seiner Regelzone anzupassen bzw. die Anpassung zu verlangen. Das vorrangige Einspeiserecht von EEG-Anlagen ist dabei immer zu beachten. Bei Gefährdungen oder Störungen in Form einer Überlastung sind die Anforderungen nach EEG § 11 und § 12 (“Entschädigungszahlungen”) einzuhalten, sofern diese die Beseitigung der Störungen nicht verhindern. Von ihnen kann in Ausnahmefällen, bei Gefährdung der Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems, abgewichen werden. Diese liegen beispielsweise vor, bei örtlichen Ausfällen des Übertragungsnetzes oder kurzfristigen Netzengpässen oder in Situationen in denen die Haltung von Frequenz, Spannung oder Stabilität durch den ÜNB nicht gewährleistet werden kann. [1]

Seit dem Inkrafttreten der Novellierung im April 2012 müssen sich auch PV-Anlagen mit einer geringeren Nennleistung als 100 kW am Einspeisemanagement beteiligen, davor waren nur Anlagen größer 100 kW davon betroffen. Um das Einspeisemanagement zu ermöglichen, müssen die PV-Anlagen entsprechend ihrer Leistung unterschiedliche technische Vorgaben des § 6 EEG erfüllen.

  • P > 100 kW
    Anlagen mit einer Leistung von mehr als 100 kW müssen mit einer technischen Einrichtung ausgestattet sein, die es dem Netzbetreiber jederzeit erlaubt, die Einspeiseleistung ferngesteuert zu reduzieren und die jeweilige momentane Einspeiseleistung abzurufen.
  • 100 kW > P > 30 kW
    Diese Kategorie von Anlagen muss ab dem 1. Januar 2014 ebenfalls mit einer technischen Einrichtung wie die Gruppe größer 100 kW ausgestattet sein, sofern die betroffene Anlage nach dem 31. Dezember 2008 in Betrieb genommen wurde.
  • P < 30 kW
    Die Anlagenbetreiber dieser Kategorie haben entweder die Möglichkeit ihre Anlage mit einer technischen Einrichtung wie oben beschrieben auszustatten oder die Wirkleistungseinspeisung auf maximal 70 % der installierten Leistung am Verknüpfungspunkt zu begrenzen.

Das Einspeisemanagement ist weiter im § 11 des EEG geregelt. Netzbetreiber sind berechtigt, EE- und KWK-Anlagen mit einer Einrichtung zur ferngesteuerten Reduzierung zu regeln, wenn andernfalls im jeweiligen Netzbereich einschließlich dem vorgelagerten Netz ein Netzengpass entstünde, der Vorrang für Strom aus erneuerbaren Energien, Grubengas und KWK gewahrt wird, soweit nicht sonstige Anlagen der Stromerzeugung, die für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems verantwortlich sind, vom Netz getrennt werden müssen und die momentanen Einspeisedaten der jeweiligen Netzregion abgerufen worden sind. Die oben genannten Anlagen sind erst nachrangig gegenüber den konventionellen Erzeugungsanlagen zu regeln und der Netzbetreiber muss sicherstellen, dass die größtmögliche Strommenge aus erneuerbaren Energiequellen und KWK abgenommen wird. Wird die Erzeugung aufgrund eines Netzengpasses reduziert, fallen abweichend von EnWG § 13 (4) Aufwendungen, „Entschädigungszahlungen“ an (§ 12 EEG). Der Netzbetreiber kann diese Kosten in der Berechnung der Netzentgelte geltend machen, sofern er nachweisen kann, dass er die Maßnahme nicht zu vertreten hat. Selbst vertreten muss er die Kosten, wenn er nicht alle Möglichkeiten zur Optimierung, zur Verstärkung und zum Netzausbau ausgeschöpft hat. [2]

In den Richtlinien [Erzeugungsanlagen am MS-Netz] und [Erzeugungsanlagen am NS-Netz] werden konkrete Situationen für die Anwendung des Einspeisemanagements genannt und die Vorgehensweise behandelt. Ein Einspeisemanagement kann demnach unter folgenden Bedingungen durchgeführt werden:

  • potenzielle Gefahr für den sicheren Systembetrieb
  • Engpässe bzw. Gefahr von Überlastungen im Netz des Netzbetreibers
  • Gefahr einer Inselnetzbildung
  • Gefährdung der statischen oder der dynamischen Netzstabilität
  • systemgefährdender Frequenzanstieg
  • Instandsetzung bzw. Durchführung von Baumaßnahmen

Die Leistungsreduzierung muss bei jedem Betriebszustand und in jedem Betriebspunkt der Anlage ermöglicht werden. Die Abregelung erfolgt dabei in vom VNB vorgegebenen Stufen, wobei sich die Werte 100 % | 60 % | 30 % | 0 % der Wirkleistung als geeignet erwiesen haben. Bei einer Grenzwertverletzung der Frequenz von 50,2 Hz müssen die Anlagen ihre Wirkleistungseinspeisung mit einem Gradienten von 40 % pro Hertz reduzieren und dürfen sich nicht schlagartig vom Netz trennen, da andernfalls eine enorme Summenleistung vom Netz getrennt werden würde, die die vorgehaltene Primärregelleistung in Europa überschreitet und somit keine Frequenzstabilisierung mehr möglich wäre. Bei einem Wiederzuschalten der PV-Anlagen würde schlagartig wieder eine große Leistung eingespeist werden, was ein erneutes Überschreiten der Grenzfrequenz und somit einen schwingungsähnlichen Verlauf der Frequenz zur Folge hätte. [3-4]

Durch das Einspeisemanagement ist dem Netzbetreiber ein Werkzeug an die Hand gegeben worden, mit dem er auf kritische Situationen, wie z. B. eine Überlastsituation, reagieren kann.


Lastmanagement

Verbraucher können durch Änderungen ihres Lastverhaltens den Netzbetrieb in verschiedenen Situationen unterstützen. Einerseits können sie durch Reduzierung ihres Verbrauchs die Netzlast senken und so das Netz vor einer Überlastung oder zu großen Spannungsfällen bewahren. Andererseits können aber auch netzentlastende Effekte in Zeiten hoher Einspeisung erzielt werden, wenn durch eine Steigerung des Verbrauchs, die lokale Bilanz zwischen Erzeugung und Verbrauch besser ausgeglichen wird. Bei der Beeinflussung der Lasten werden zwei Arten unterschieden, welche im Folgenden kurz vorgestellt werden.

Demand Side Management beschreibt den direkten Einfluss auf die Steuerung von Lasten, z. B. durch VNB. Der § 14a im EnWG gibt vor, dass Betreiber von Elektrizitätsverteilnetzen denjenigen Verbrauchern und Lieferanten ein reduziertes Netzentgelt zu berechnen haben, die ihm im Gegenzug dafür, die Steuerung von vollständig unterbrechbaren Verbrauchseinrichtungen ermöglichen. Elektromobile können in diesem Zusammenhang auch zu dieser Kategorie von Lasten gezählt werden. Nicht nur der Netzbetreiber, auch Dritte können auf Geheiß des Netzbetreibers eine Steuerhandlung durchführen, welche für den Letztverbraucher und Lieferanten zumutbar sein muss. Gründe für eine Laststeuerung können ähnlich sein wie die für die Einspeisesteuerung, z. B. Verhinderung von Überlast von Betriebsmitteln, Vermeidung von Frequenzanstieg oder Gefahren für den sicheren Netzbetrieb. Um eine Steuerhandlung an einer Verbrauchseinheit durchführen zu können, muss diese mit einem separaten Zählpunkt ausgestattet sein. Der am Zählpunkt installierte Zähler muss die Voraussetzungen der §§ 21e und 21d EnWG entsprechen, d. h. er muss in ein Kommunikationsnetz eingebunden sein, sowie den tatsächlichen Energieverbrauch und die tatsächliche Nutzungszeit anzeigen. [1]

Demand Side Response beschreibt die indirekte Einflussnahme über monetäre Anreize, die durch den Strompreis erzeugt werden. Laut EnWG § 40 Absatz 5 haben Lieferanten, soweit technisch machbar und wirtschaftlich zumutbar, für Letztverbraucher einen Tarif anzubieten, der einen Anreiz zu Energieeinsparung oder Steuerung des Energieverbrauchs setzt [1]. Die Kunden erhalten hierbei ein Preissignal über ihren Smart Meter mit dem Ziel, das Kundenverhalten so zu beeinflussen, dass der Kunde seine benötigte Energie während der günstigen Tarifzeiten bezieht, da während dieser Zeiten ein Überangebot an erzeugtem Strom, vornehmlich aus erneuerbaren Energiequellen, vorhanden ist. Durch den Anstieg der Kundennachfrage soll folglich der Stromüberschuss kompensiert werden. Diese Art der Wirkleistungsmanipulation dient primär dem Erzeugungsausgleich, d. h. der Anpassung von Erzeugung und Verbrauch. Zur Behebung des Spannungsbandproblems ist sie nicht geeignet, da ihr Einfluss nicht gesichert ist.


Lastflusssteuerung

Wirkleistungsflüsse lassen sich bislang über Phasenschieber-Transformatoren, Schaltungen und zukünftig über HGÜ-Leitungen steuern. Typischerweise dienen diese Maßnahmen der Beeinflussung der Betriebsmittelauslastung und nicht der Optimierung der Spannungshaltung, weshalb sie hier nur in aller Kürze vorgestellt werden.

Technisch gesehen arbeiten sogenannte Phasenschiebertransformatoren mit dem Prinzip eines komplexen Übersetzungsverhältnisses, d. h. sowohl Betrag als auch Phasenlage können variiert werden. Bei unterschiedlichem Übersetzungsverhältnis paralleler Transformatoren in größeren Netzmaschen ergeben sich Kreisströme, die sich dem Laststrom überlagern. Der resultierende Leistungsfluss und damit auch die Betriebsmittelauslastung ergeben sich aus der Überlagerung der beiden Komponenten. Je nach Vorzeichenkonstellation kommt es dabei zu einer Steigerung oder Minderung der Auslastung.

Durch Schalthandlungen im Netz werden die dem Leistungsfluss zur Verfügung stehenden Transportwege verändert. Schalthandlungen können sowohl planmäßig als auch störungsbedingt auftreten. Planmäßige Schalthandlungen sind z. B. die Abschaltung von Transportleitungen in Schwachlastzeiten um die kapazitive Ladeleistung zu reduzieren. Die Aufteilung des Leistungsflusses ergibt sich hierbei anhand der Impedanzverhältnisse.

Zukünftig sollen HGÜ-Trassen in das Übertragungsnetz integriert werden, die geregelt Leistung von Nord nach Süd durchleiten können. Das zwischen den Anfangs- und Endknoten bestehende Drehstromnetz wird dadurch überbrückt und bleibt somit größtenteils unbeeinflusst von der Leistungseinspeisung bzw. –abnahme.


Zwischenspeicherung

Als dezentrale Speicher werden in diesem Zusammenhang Speicher verstanden, die an das Niederspannungsnetz angeschlossen sind, um den erzeugten Strom, z. B. aus PV-Anlagen zwischenzuspeichern. Zukünftig sollen dezentrale Speicher mit in die Netzbetriebsführung eingebunden werden. Eine Voraussetzung hierfür ist wiederum die kommunikative Anbindung. Es ist angedacht, dass Speichersysteme in Zeiten mit überschüssigem Strom und folglich günstigem Strompreis ein Signal zum Start des Ladevorgangs erhalten. Der so gespeicherte Strom kann dann in Zeiten von Bedarfsüberschuss ins Netz zurück gespeist werden und so die Erzeugungslücken schließen. Außer den Elektrofahrzeugen sollen auch weitere stationäre Speicher installiert werden, wie etwa stationäre Lithium-Ionen-Batterien. Ein Problem dabei sind die hohen Anschaffungskosten, der benötigte Platz, die derzeit hohen Verluste und die komplexe Regelung über Kommunikationstechnik, die derzeit noch in sehr überschaubarem Ausmaß vorhanden ist. Eine weitere wichtige Frage beim Einsatz von Speichern ist die geeignete Standortwahl, welche von Netz zu Netz anders zu beantworten ist.


Blindleistungsmanipulation

Bei der Blindleistungsmanipulation wird der Spannungsfall durch eine gezielte Beeinflussung des Blindleistungsverhaltens einer Kunden- oder Kompensationsanlage verändert. Bei der Beschreibung der Blindleistung ist es entscheidend, ob man von Bezug oder Abgabe spricht. So ist der induktive Bezug äquivalent zu einer kapazitiven Blindleistungsabgabe und umgekehrt. Dies ergibt sich aus Betrachtungen im Verbraucher- und Erzeugerzählpfeilsystem. Alle nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf das Verbraucherzählpfeilsystem. Der bezogene Wirk- und Blindstrom führt zu einer Phasenverschiebung und Änderung des Betrages des Spannungszeigers entlang der Betriebsmittel. Hierbei gelten vereinfacht die Zusammenhänge:

  • induktiver Blindleistungsbezug wirkt spannungssenkend (untererregter Zustand),
  • kapazitiver Blindleistungsbezug wirkt spannungsanhebend (übererregter Zustand).

Verdeutlichen kann man sich diese Zusammenhänge, wenn man das Zeigerdiagramm in Abbildung 9 betrachtet. In diesem ist der Einspeisefall für das in Abbildung 8 gezeigte Netz bei $\cos \varphi = 1,00$ dargestellt. Der komplexe Spannungsfall ergibt mit seinen ohmschen und reaktiven Anteil ein Spannungszeigerdreieck, welches beim Transformator als Kapp`sches Dreieck bekannt ist. Durch zusätzlichen Bezug induktiver oder kapazitiver Blindleistung durch die PV-Anlage am Strangende (die Wirkleistung wird als konstant angenommen) kommt es zu einer Verschiebung des Stromzeigers in die entsprechend eingezeichnete Richtung. Infolgedessen drehen sich die komplexen Spannungsfälle über der Impedanz der Leitung und des Transformators. Bei induktivem $Q$-Bezug verringert sich die Zeigerlänge von $U_E$. Die wirksame Spannungsanhebung, welche der Unterschied der beiden Zeigerlängen ist, würde dadurch verringert.

Netzmodell
Abbildung 8: Netzmodell
Einfluss der Blindleistung auf Spannungsfall
Abbildung 9: Einfluss der Blindleistung auf Spannungsfall

Da es im Verteilungsnetz nur zu einer geringen Verdrehung zwischen der Spannung am Anfang und am Ende einer Leitung kommt (Lastwinkel), wird der Einfluss auf die Spannungsanhebung bzw. den Spannungsfall vor allem durch die Manipulation des Längsspannungsfalls (Terme ohne $j$) bestimmt. Aus der nachfolgenden mathematischen Beschreibung des komplexen Spannungsfalls längs am Ortsnetztransformator und der NS-Leitung (vgl. Abbildung 10) ist ersichtlich, dass in den Termen des Längsspannungsfalls die Blindleistung $Q$ in einem Produkt mit der Reaktanz der Netzbetriebsmittel (Transformator oder Leitung) vorkommt. Folglich begünstigen Betriebsmittel mit einer hohen Reaktanz die Wirkung der Blindleistungsmanipulation. Im Stromnetz sind dies typischerweise Transformatoren und Freileitungen.

ESB Transformator und Leitung
Abbildung 10: ESB Transformator und Leitung
  • $\underline{U}_N$: Spannung am Netz
  • $\underline{U}_{SS}$: Spannung NS-Sammelschine
  • $\underline{E}_N$: Spannung am Ende der Leitung
  • $\underline{I}_L$: Strom Leitung
  • $\underline{I}_T$: Strom Transformator

Maschensatz:

$\underline{U}_{E} = \underline{U}_{N} - \underline{d}_{UT} - \underline{d}_{UL} = \underline{U}_{N} - (\underline{I}_{T} \cdot \underline{Z}_{T}) -(\underline{I}_{L} \cdot \underline{Z}_{L})$

Induktiver Blindstrom:

$\underline{I} = I_{W} - jI_{B}$

$\underline{U}_{E} = \underline{U}_{N} - (R_{T} \cdot I_{WT} + X_T \cdot I_{BT}) - j(X_T \cdot I_{WT} - R_T \cdot I_{BT})-(R_L \cdot I_{WL} + X_L \cdot I_{BL} - j(X_L \cdot I_{WL} - R_L \cdot I_{BL})$

Als $f(P,Q):$

 \underline{S} =\sqrt{3} \cdot U \cdot I^*$

$ \Rightarrow \underline{I} = \frac{S^*}{\sqrt{3} \cdot \underline{U}^*} = \frac{P}{\sqrt{3} \cdot \underline{U}_n} - j\frac{Q}{\sqrt{3} \cdot \underline{U}_n} - \left[ (R_L \cdot P + X_L \cdot Q) \cdot \frac{1}{\sqrt{3} \cdot U_n}\right]  - j \left[ (X_L \cdot P - R_L \cdot Q) \cdot \frac{1}{\sqrt{3} \cdot U_n}\right] $

In Abbildung 11 ist der Verlauf des Spannungsniveaus eines einfachen Netzmodells mit einer 40-kW-PV-Anlage in 500 m Entfernung zur Ortsnetzstation bei verschiedenen Betriebspunkten visualisiert. Grün eingezeichnet sind die Verläufe bei Verwendung einer Freileitung (70-AL1/11-ST1A) und rot bei Nutzung eines Kabels (NAYY 4×150 SE). Beide Leitungen haben ungefähr die gleiche thermische Grenzleistung von ca. 190 kW. In Fall a) wird keine Blindleistung bezogen, in Fall b) wird ein $\cos \varphi = 0,90$ eingestellt (Blindleistung beträgt ungefähr die Hälfte der Wirkleistung) und in Fall c) wird zusätzlich eine PV-Anlage mit 100 kW und $\cos \varphi = 0,90$ berücksichtigt.

Obwohl die Freileitung und das Kabel eine annähernd gleiche Stromtragfähigkeit aufweisen, führt die Wirkstromeinspeisung auf der Freileitung $(\Delta u_{AE} \approx 5 \%)$ auf etwa doppelt so hohe Spannungsanhebungen im Vergleich zum Kabel $(\Delta u_{AE} \approx 2,6 \%)$. Dies erklärt sich im Wesentlichen aus den unterschiedlichen Querschnitten (bessere Kühlung bei Freileitungen). Mit untererregter Fahrweise der EZA kann die Spannungsanhebung auf der Freileitung um rel. 1,3 % auf $(\Delta u_{AE} \approx 3,7 \%)$ verringert werden. Beim Kabel fällt die mit rd. 0,6-%-Punkten deutlich geringer aus.

Die in Fall c) zusätzliche PV-Anlage dient zur Veranschaulichung der Wirkung Weiterer im Netz befindlichen blindleistungsfähigen Kleinanlagen, deren Blindleistungsflüsse sich am Transformator überlagern. Da dieser eine hohe Reaktanz aufweist, über die ein hoher induktiver Strom fließt, kommt es trotz Rückspeisung von Wirkleistung zu einem Spannungsfall über dem Transformator, wie im Lastfall. Diese Spannungsanhebung darf aber nicht angerechnet werden, wenn der Transformator regelbar ist.

Spannungsanhebung bei verschiedenen Leitungstypen
Abbildung 11: Vergleich der Spannungsanhebung bei verschiedenen Leitungstypen

Betrachtet man die MS-Ebene so überlagern sich hier die Blindleistungsflüsse aus den unterlagerten NS-Netzen mit denen der MS-Kundenanlagen (Verbraucher/Erzeuger). Am UW werden diese dann von der HS-Ebene ausgeglichen.

Durch die Nutzung zusätzlicher Blindleistung erhöht sich allerdings auch der Scheinstrom auf der Leitung und somit die Verluste. Bei einem $\cos \varphi = 0,90$ erhöht sich beispielsweise der Strom um 10 % gegenüber einem $\cos \varphi = 1,00$. Da die Verluste quadratisch mit dem Strom anwachsen, erhöhen sich diese um 21 %.

Zudem ist zu beachten, dass der Einsatz von Blindleistung für die Spannungshaltung den Blindleistungshaushalt des Verteilungsnetzes beeinflusst. Vor diesem Hintergrund gewinnt das Thema Blindleistungsmanagement eine immer stärker werdende Bedeutung. Hinweise zur Umsetzung eines solchen finden sich im FNN-Hinweis „Blindleistungsmanagement in Verteilungsnetzen“.


Verbraucher

Das zulässige Blindleistungsverhalten von Verbrauchern ist über verschiedene Richtlinien und Verordnungen geregelt. Im Niederspannungsnetz legt die [NAV] den zulässigen Verschiebungsfaktor am Anschlusspunkt von Kundenanlagen zwischen 0,90 induktiv und 0,90 kapazitiv fest. Gleichzeitig erlaubt sie dem Netzbetreiber, abweichende Grenzwerte über Technische Anschlussbedingungen (TAB) zu fordern, um einen sicheren und störungsfreien Betrieb zu gewährleisten (§ 20 NAV). So werden in Deutschland je nach Netzbetreiber i. d. R. maximal zulässige Verschiebungsfaktoren von 0,90 induktiv bis 0,95 induktiv vorgegeben.

Durch kundenseitig installierte Kompensationsanlagen wird ein Großteil der benötigten Blindleistung am Ort der Entstehung kompensiert und so das Stromnetz entlastet. Neben der Kompensation der Verschiebungsblindleistung besteht bei verdrosselten Anlagen oder aktiven Filtern zudem die Möglichkeit, die Oberschwingungsbelastung im Netz zu reduzieren (Verzerrungsblindleistung).

Typischerweise beziehen Betriebe induktive Blindleistung, welche den durch den Wirkleistungstransport verursachten Spannungsfall zusätzlich verstärken. Abbildung 12 zeigt ein vereinfachtes Netzmodell mit einem über eine Mittelspannungsleitung am Umspannwerk angeschlossenen Betrieb in der MS-Ebene und den Verlauf des Spannungsfalls bei reinem Wirkleistungsbezug $(Q=0)$ und bei zusätzlichem Blindleistungsbezug $(Q\neq0)$.

Spannungsfall über MS-Leitung durch Verbrauchslast
Abbildung 12: Spannungsfall über MS-Leitung durch Verbrauchslast

Ableitend aus dieser Betrachtung wird ersichtlich, dass der Spannungsfall reduziert werden kann, indem der Betrieb/die Last ihren induktiven Blindleistungsbedarf höher kompensiert, z. B. bis auf 1,00 induktiv statt 0,90 induktiv, (Abbildung 13) oder gar überkompensiert, d. h. auf beispielsweise 0,45 kapazitiv, so dass sich die Last dann ohmsch-kapazitiv verhält (Abbildung 14).

Kompensation der induktiven Blindleistung
Abbildung 13: Kompensation der induktiven Blindleistung
Überkompensation der induktiven Blindleistung
Abbildung 14: Überkompensation der induktiven Blindleistung

Bestimmen nur wenige Betriebe oder gar nur ein einzelner Betrieb den für die Netzplanung auslegungsrelevanten Spannungsfall, so stellt die Steigerung des Kompensationsgrades an diesen Betrieben eine kostengünstige Möglichkeit dar, Reserven im Spannungsband zu erschließen (siehe Abbildung 15). Zusätzliche EZA können dann angeschlossen werden, wenn infolge des entstehenden Spannungsbandgewinnes der Sollwert am UW entsprechend abgesenkt wird. Um die zusätzliche Kompensationsleistung aufzubringen, bieten Betriebe oftmals zudem den Vorteil, dass

  • bestehende Kompensationsanlagen vorhanden sind und erweitert werden können, wobei eine Erweiterung oftmals aufgrund fehlender baulicher Maßnahmen kostengünstig möglich ist.
  • überschüssige/ungenutzte Kompensationskapazitäten vorhanden sind, da durch den Einsatz von drehzahlgeregelten Antrieben oder Verwendung anderer Produktionstechnologien der Blindleistungsbedarf rückläufig ist.
Spannungsbandgewinn durch Kompensation
Abbildung 15: Spannungsbandgewinn durch Kompensation

Die hier aufgeführten Zusammenhänge, die am Beispiel von Lasten/Verbrauchern in der MS-Ebene hergeleitet sind, können analog auf die NS-Ebene übertragen werden.


Erzeuger

Für Erzeugungsanlagen ist das zulässige bzw. erforderliche Blindleistungsverhalten in [VDE-AR-4105] für den Anschluss am Niederspannungsnetz und in [MS-Richtlinie] bzw. zukünftig [VDE-AR-4115] für den Anschluss am Mittelspannungsnetz als Beitrag der Erzeugungsanlagen zur statischen Spannungshaltung festgelegt.

  • Der minimal einstellbare Verschiebungsfaktor einer NS-Anlage richtet sich dabei nach ihrer maximalen Scheinleistung. Bei Anlagen ≤13,8 kVA beträgt der minimal einstellbare $\cos \varphi = 0,95)$, d. h. die maximale Blindleistung beträgt ca. 33 % der Nennwirkleistung. Anlagen >13,8 kVA müssen $\cos \varphi = 0,95)$ erreichen können. Hierbei beträgt die maximale Blindleistung ca. 50 % der Nennwirkleistung. [VDE-AR-4105]
  • In der MS-Ebene wird seit 2008 generell ein minimal einstellbarer $\cos \varphi = 0,95)$ gefordert. [MS-Richtlinie]

Abweichungen zu den gemachten Angaben können durch die technischen Anschlussbedingungen der Netzbetreiber im Hinblick auf eine sichere und stabile Energieversorgung eingefordert werden.

Das jeweilige Blindleistungsverhalten wird normalerweise über Kennlinien definiert, z. B. $\cos \varphi (P)$ oder $Q(U)$ (siehe Abbildung 16). Alternativ kann auch ein fester Blindleistungs- oder $\cos \varphi$-Wert vereinbart werden. In einigen TAB wird auch die Vorgabe des $\cos \varphi$ über Fernwirktechnik angekündigt.

Beispielhafte Kennlinienvorgabe für das Blindleistungsverhalten von EZA am Mittelspannungsnetz
Abbildung 16: Beispielhafte Kennlinienvorgabe für das Blindleistungsverhalten von EZA am Mittelspannungsnetz

Typischerweise soll bei aktivem Einsatz von Blindleistung zur Spannungshaltung die maximale Wirkleistung nicht begrenzt werden, da dies Einbußen bei der Wirkenergievergütung zur Folge hätte. Um dies bewerkstelligen zu können, ist allerdings eine Überdimensionierung des Wechselrichters notwendig. D. h. dieser wird nicht auf die maximale Wirkleistung, sondern auf die maximale Scheinleistung zu dimensionieren sein, welche sich aus der geometrischen Summe von Wirk- und Blindleistung ergibt $(S=\sqrt{P^2+Q^2})$.

Weitere Kosten entstehen durch erhöhte Betriebsverluste aufgrund des Blindleistungseinsatzes, welche überwiegend von den stromabhängigen Verlusten verursacht werden. Abbildung 17 zeigt einen beispielhaften Wirkungsgradverlauf eines Wechselrichters in Abhängigkeit der momentanen Wirkleistungsabgabe bezogen auf die Nennwirkleistung. Bei niedriger Einspeisung (“kleiner” 30 %) kommt es zu einem erheblichen Rückgang des Wirkungsgrades, das Maximum liegt im Teilastbereich.  Letzteres ist entscheidend für Wechselrichter, da dieser Betriebszustand zeitlich gesehen am häufigsten vorkommt. In guter Näherung lässt sich diese Kennlinie auch auf den Betrieb mit Blindleistungsbezug übertragen. Hierzu wird auf der Abszisse die Scheinleistung bezogen auf die Nennwirkleistung aufgetragen $(P/P_n \Rightarrow S/P_n)$. D. h. durch den zusätzlichen Blindleistungsbezug wird der Betriebspunkt im Vergleich zur reinen Wirkleistungsabgabe nach „rechts“ verschoben. Für anfängliche Betriebspunkte (bei reiner Wirkleistungsabgabe), links vom Maximum, stellt dies einen Vorteil dar. Da allerdings der Bereich rechts des Maximums einen deutlich größeren Bereich einnimmt, ergibt sich eine Verschlechterung für die Mehrzahl der möglichen Betriebspunkte.

Wirkungsgradverlauf Wechselrichter
Abbildung 17: Wirkungsgradverlauf Wechselrichter

Die Kosten für die Überdimensionierung und Betriebsverluste hat der Anlagenbetreiber zu tragen. Sie werden nicht über eine Ausgleichszahlung für die Erbringung von SDL vergütet, sondern sind damit mit der EEG-Vergütung abgegolten. Eine Ausnahme liegt bei älteren WEA vor, welche bis Erfüllung von SDL-Anforderungen einen SDL-Bonus erhalten.

In der Regel werden Wechselrichter mit aktivierter $\cos \varphi$-Kennlinie verwendet, welche autark ihr Blindleistungsverhalten einstellen. Die $Q(U)$-Regelung findet vereinzelt in der NS-Ebene Anwendung. Hier findet aufgrund des günstigeren $R/X)$-Verhältnisses (Verhältnis von ohmschen und induktiven Anteil der Netzimpedanz am Anschlusspunkt des Wechselrichters) eine geringere gegenseitige Beeinflussung von Wechselrichtern statt. Allerdings steht bei dieser Regelvariante noch eine praxistaugliche Einbindung in die Netzplanung aus.


Speicher

Die Blindleistungsmanipulation durch Speicher kann in Analogie zu den Erzeugungsanlagen betrachtet werden, da auch hier Wechselrichter zum Einsatz kommen, welche in ihrem Blindleistungsverhalten beeinflusst werden können.


Blindleistungsmanagement

Bisher wurden Maßnahmen beschrieben, die autark und netzunabhängig das Blindleistungsverhalten von Kompensations-, Erzeugungs- und Speicheranlagen nur in Abhängigkeit der P-Q-Verhältnisse am Anschlusspunkt einstellen. In [ZVEI-Studie] wird darüber hinaus ein Blindleistungsmanagement skizziert, welches die einzelnen Kundenanlagen zentral regelt und unter anderem so die Spannungshaltung optimieren kann. Kern dieses Konzeptes ist eine netzzustandsabhängige Regelung. Durch diese kann z. B. der induktive Blindleistungsbedarf von Erzeugungsanlagen (der spannungssenkend wirken soll) an geeigneter Stelle im Netz (z. B. in unmittelbarer Nähe des Umspannwerkes) kompensiert werden. Dadurch können Netzbetriebsmittel entlastet und  Übertragungsverluste eingespart werden. Abbildung 18 soll verdeutlichen wie das Blindleistungsmanagement wirkt. Bei Starklast (Betriebe und Netzbetriebsmittel weisen einen hohen induktiven Bedarf auf) kompensieren die Kompensationsanlagen der MS-Betriebe einen Großteil des betrieblichen Bedarfs. Hierdurch werden auch die angrenzenden Betriebsmittel entlastet und können stärker kapazitiv wirken. Um die Spannungsanhebung im mittleren Strang zu begrenzen, bezieht die Windenergieanlage induktive Blindleistung. Der resultierende Bedarf des Netzes wird in diesem Beispiel letztendlich durch die netzbetreibereigene Kompensationsanlage kompensiert. In Schwachlastzeiten hingegen (Netzbetriebsmittel weisen hohen kapazitiven Bedarf auf), wird die Kompensation der MS-Betriebe zurückgefahren und ein womöglich vorhandener induktiver Bedarf genutzt (z. B. Betriebe im Dreischichtbetrieb). Gleichzeitig wirken die DEA im Netz und die netzeigene Kompensationsanlage induktiv und regeln den kapazitiven Bedarf des Netzes aus.

Blindleistungsmanagement [ZVEI-Studie]
Abbildung 18: Blindleistungsmanagement [ZVEI-Studie]


Direkte Spannungsquellen

Abbildung 19 gibt einen Überblick an welchen Stellen entlang der Übertragungsstrecke vom UW bis zum NS-Kunden direkte Spannungsquellen eingesetzt werden können. Die hier skizzierten Einrichtungen sind

  • Stufenschalter im Umspannwerktransformator,
  • Zwischentransformatoren in der MS-/NS-Ebene und
  • Regelbare Ortsnetztransformatoren.
Mögliche Positionen direkter Spannungsquellen
Abbildung 19: Mögliche Positionen direkter Spannungsquellen

Der Einfluss von Zwischentransformatoren und RONT ist in Abbildung 20 als blauer Pfeil eingezeichnet. Grundsätzlich sind diese Geräte Längsregler und wirken deshalb in Richtung des komplexen Spannungszeigers am jeweiligen Netzknoten. Je nach aktueller Stufe variiert der „Angriffspunkt“, was besonders beim RONT durch den zum komplexen Spannungsfall parallel und gestrichelt ausgeführten Doppelpfeil angedeutet werden soll.

Komplexer Spannungsfall im Lastfall mit eingezeichnetem Angriffspunkt (blauer Pfeil) eines RONT bzw. Zwischentransformators in der NS-/ MS-Ebene
Abbildung 20: Komplexer Spannungsfall im Lastfall mit eingezeichnetem Angriffspunkt (blauer Pfeil) eines RONT bzw. Zwischentransformators in der NS-/ MS-Ebene

Der „Angriffspunkt“ eines RONT bei Ausführung als herkömmlichen ONT plus zusätzlichen Nachschaltgeräts ist in Abbildung 21 dargestellt. Hierbei bleibt der Spannungsfall entlang des ONT $(\Delta u_{ONT})$ unverändert. Das Nachschaltgerät beeinflusst hingegen die Spannung längs der Richtung der Spannung an der Unterspannungsseite $(U_{Tr,US})$ des Transformators. Analog gilt es für die Ausführung des RONT mit Hilfe eines Vorschaltgerätes. Hierbei wird lediglich die oberspannungsseitige Transformatorspannung beeinflusst.

Komplexer Spannungsfall im Lastfall mit eingezeichnetem Angriffspunkt (blauer Pfeil) eines Nachschaltgerätes
Abbildung 21: Komplexer Spannungsfall im Lastfall mit eingezeichnetem Angriffspunkt (blauer Pfeil) eines Nachschaltgerätes

Stufenschalter im Umspannwerktransformator

Über den Stufenschalter wird das Spannungsniveau an der Unterspannungsseite des UW-Transformators innerhalb eines definierten Spannungsbandes ausgeregelt. Sie kommt hierbei wie in Abbildung 22 angedeutet innerhalb der Regelbandbreite (RBB) zu erliegen. Die RBB liegt i. d. R. symmetrisch um den Spannungssollwert. Ein typischer Wert ist 2 %. Verlässt die Spannung aufgrund von Lastschwankungen oder Schalthandlungen das Band der RBB, kommt es in Abhängigkeit des Gradienten der Spannungsänderung und Höhe zu einer Schalthandlung des Stufenschalters. Die Regelung am UW erfolgt meist unter Verwendung eines festen Spannungssollwertes und der Spannung an der Unterspannungsseite des Transformators als Messgröße.

UW-Regelung auf Basis des Spannungsniveaus an der MS-Sammelschiene
Abbildung 22: UW-Regelung auf Basis des Spannungsniveaus an der MS-Sammelschiene

Neben dieser Standardregelvariante werden auch andere Verfahren eingesetzt um auf Basis anderer Messgrößen den Netzzustand besser bewerten und so Netzausbau vermeiden zu können. Eine bereits praktizierte Methode ist die Variation des Spannungssollwertes auf Basis des Lastflusses über den Transformator (siehe Abbildung 23). Anhand von Messreihen oder Erfahrungswerten wird eine sinnvolle bzw. zulässige Korrektur des Sollwertes durchgeführt. In Zeiten hoher Einspeisung wird der Sollwert gesenkt und so der Spannungsanhebung im Netz entgegengewirkt. Im Lastfall hingegen kann der Spannungssollwert angehoben werden.

Lastflussabhängige Sollwertanpassung am UW
Abbildung 23: Lastflussabhängige Sollwertanpassung am UW

Diese Variante erfordert genaue Netzkenntnisse, da Korrelationen zwischen Einspeisung und Verbrauch sowie deren Verteilung berücksichtigt werden müssen. Wenn beispielsweise in einem Strang eine starke Spannungsanhebung besteht und die dort befindlichen DEA eine Rückspeisung ins vorgelagerte Netz hervorrufen (siehe Abbildung 24). Gleichzeitig kann allerdings in einem anderen Strang die Last das Verhalten dominieren und dort einen hohen Spannungsfall verursachen. Bei Absenkung des Spannungssollwertes zur Einhaltung der oberen Spannungsbandgrenze  darf aber die untere Spannungsbandgrenze nicht verletzt werden . Bei starrer Kopplung über herkömmliche ONT muss deshalb auch die NS-Ebene beachtet werden. Eine weitere Einflussgröße ist die Blindleistung, da diese zusätzlich zum Betrag des jeweiligen Spannungsfalls auf dessen Phasenlage wirkt.

MS-Netz mit extrem unterschiedlichem Verhalten der Stränge
Abbildung 24: MS-Netz mit extrem unterschiedlichem Verhalten der Stränge

Eine weitere Regelmethode nutzt im MS-Netz befindliche Sensoren um den Sollwert am UW-Transformator zu regeln (siehe Abbildung 25). Grundsätzlich können alle Netzknoten überwacht werden, was eine direkte Inbetriebnahme der Regelung ermöglicht, aber mit hohen Kosten und Aufwand verbunden ist. Bei ausreichender Netzkenntnis können auch nur „kritische“ Netzknoten überwacht werden, an denen eine Verletzung der Spannungsbandgrenzen möglich ist. Um mit wenigen Sensoren trotzdem einen sicheren Netzbetrieb gewährleisten zu können, besteht die Möglichkeit im Vorfeld, Netzsimulationen oder Messreihen durchzuführen, über die sichergestellt wird, dass die relevanten Netzknoten mit Sensoren bestückt werden.

UW-Regelung mit abgesetzten Sensoren
Abbildung 25: UW-Regelung mit abgesetzten Sensoren

Zwischentransformation

Zwischentransformatoren können sowohl in der MS- als auch in der NS-Ebene eingesetzt werden. Das Funktionsprinzip bzw. die Wirkung auf die Spannungshaltung ist identisch. Ein Unterschied besteht lediglich in der Bemessungsleistung. Zwischentransformatoren oder auch Einzelstrangregler genannte Regeleinrichtungen beeinflussen „nur“ den unterlagerten Netzabschnitt. Ein Zwischentransformator in der MS-Ebene hebt oder senkt das Spannungsniveau für den verbleibenden MS-Strang samt angeschlossener NS-Netze, MS-Verbraucher sowie MS-Einspeiser und ist für die endsprechenden Leistungsflüsse ausgelegt. In der NS-Ebene wird der verbleibende NS-Strang geregelt (siehe Abbildung 26).

Einflussbereiche der Zwischentransformation
Abbildung 26: Einflussbereiche der Zwischentransformation

Aufgrund der begrenzten Wirkung, zusätzlichen Verluste und Kosten findet dieses Prinzip noch keine breite Anwendung. Typische Anwendungsfälle sind Netze mit einzelnen kritischen Strängen oder  temporäre Maßnahmen in Form von Kontainerausführung.

Da die Zwischentransformatoren in einem Strang installiert werden, teilt sich auch dessen Spannungsfall auf. Die nachfolgenden beiden Gleichungen zeigen die Integration der Spannungsbeeinflussung (Terme mit $a_5$ und $a_7$) über das Prinzip der Zwischentransformation in die Gleichung des Spannungsfalls:

Zwischentransformation MS:

$U_{Last} = U_{UW} \pm a_4 \cdot U_{St,UW} - \Delta U_{MS,1} \pm a_5 \cdot U_{St,2T} - \Delta U_{MS,2} - [...] ...$

Zwischentransformation NS:

$U_{Last} = U_{UW} \pm a_4 \cdot U_{St,UW} - \Delta U_{MS} - [...] - U_{NS,1} \pm a_7 \cdot U_{St,2T} - \Delta U_{NS,2}$

Regelbarer Ortsnetztransformator

Unter dem Begriff regelbarer Ortsnetztransformator können verschiedene Konzepte zusammengefasst werden. Zum einen beschreibt er konventionelle Ortsnetztransformatoren in Kombination mit einem Vor- oder Nachschaltgerät, wobei Letztere die eigentliche Regelaufgabe übernehmen. Zum anderen kann der Ortsnetztransformator selbst als Stellglied wirken und eigenständig die Spannung beeinflussen. Wie aus der Namensgebung hervorgeht beeinflussen RONT nicht nur einen Netzteil sondern ein komplettes Ortsnetz (Abbildung 27).

Einflussbereich regelbarer Ortsnetztransformatoren
Abbildung 27: Einflussbereich regelbarer Ortsnetztransformatoren

Tabelle 2 zeigt wie sich die jeweilige RONT-Variante auf die Spannungsgleichung, welche zu Beginn in Netzphysik hergeleitet wurde, auswirkt (Terme mit $a_6$).

Tabelle 2: Spannungsgleichung der jeweiligen RONT-Varianten
\begin{tabular}{ll} 	\hline   \rowcolor[gray]{.9}	Variante 		& Spannungsgleichung  \\ 							 \hline 								& \\ 			mit Vorschaltgerät  	&  $U_{Last} = U_{UW} \pm a_4 \cdot U_{St,UW} - \Delta U_{MS} \pm a_6 \cdot U_{St,VG} - [...] - \Delta U_{NS}$\\  									& \\ 			mit Nachschaltgerät  	&  $U_{Last} = U_{UW} \pm a_4 \cdot U_{St,UW} - \Delta U_{MS} - [...] \pm a_6 \cdot U_{St,NG} - \Delta U_{NS}$\\  									& \\ 			mit aktiven ONT  		&  $U_{Last} = U_{UW} \pm a_4 \cdot U_{St,UW} - \Delta U_{MS} - \left[ \Delta U_{ONT} \pm a_6 \cdot U_{St,RONT} \right] - \Delta U_{NS}$\\  									& \\ 	\hline  \end{tabular}

Im Weiteren wird unter RONT ein Ortsnetztransformator mit integrierter Regeleinrichtung verstanden. Unterschiede gibt es hierbei in der Ausführungsform. Es werden sowohl leistungselektronische als auch elektromechanische Lösungen entwickelt und angeboten. Im Gegensatz zum Prinzip der Zwischentransformation wird bei Verwendung von RONT kein zusätzliches Netzbetriebsmittel installiert, sondern der bestehende Ortsnetztransformator ersetzt. Hierbei ist zu beachten, dass beim Wechsel vorzugsweise ein RONT mit höherer Bemessungsleistung als der vorherige RONT eingesetzt wird, da das installierbare Potential an Lasten und Einspeisern vergrößert wird.

Die Systemwirkung des RONT wird detailliert unter Grundlagen RONT behandelt.


Quellen

[1] G. Britz, Hrsg., Energiewirtschaftsgesetz, 2. Aufl. München: Beck, 2010.
[2] J. Reshöft, Erneuerbare-Energien-Gesetz, 4. Aufl. Baden-Baden: Nomos, 2014.
[3] BDEW, Hrsg., „Technische Richtlinie Erzeugungsanlagen am Mittelspannungsnetz- Richtlinie für den Anschluss und Parallelbetrieb am Mittelspannungsnetz“. Juni-2008.
[4] VDE, Hrsg., „VDE-AR-N 4105 Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz- Technische Mindestanforderungen für Anschluss und Parallelbetrieb von Erzeugungsanlagen am Niederspannungsnetz“. VDE VERLAG GmbH, Jan-2013.